Mundart-Initiative im Badisch-Fränkischen
Manfred Pfaus, Jahrgang 1939, ehem. Kommunal- und Landespolitiker, Hettingen, hat im Herbst 2010 die Initiative ergriffen, auf das Verschwinden von Sprachen aufmerksam zu machen. Seine besondere Aufmerksamkeit gehört den zahlreichen Mundarten zwischen Odenwald und Taubergrund.
Diese Initiative wird in großartiger Weise von den Fränkischen Nachrichten begleitet. Pfaus steht in Kontakt mit der Volkshochschule Buchen und verschiedenen volkskundlichen und linguistischen Forschungsstellen in Baden-Württemberg und den benachbarten Bundesländern. Der Verein „Bezirksmuseum Buchen“ nimmt sich ebenfalls dieser Initiative an. Der Heimatverein Hettingen begrüßt und unterstützt sie.
Ein wenig Sprachkunde:
Man unterscheidet zwischen Hochsprache und Mundart. Die Hochsprache ist die(besonders geschriebene) Form einer Sprache, die keine regionalen oder sozialen Merkmale hat und als Standardsprache eines Landes gilt. Gelegentlich wird sie fälschlicherweise als „hochdeutsch“ bezeichnet. Sie ist – zum Teil gesetzlich – definiert. Es gibt Vorschriften und Hinweise für die Schulen. Theater-, Fernseh- und Radioleute sind gehalten, das „reine Deutsch“ zu sprechen.
Die Mundarten oder Dialekte
sind im Unterschied dazu regionale und lokale Sprachen. Ihre Entstehung, ihr
Gebrauch und ihre Unterschiedlichkeiten sind historisch und soziokulturell zu
erklären. Über sie gibt es seit dem 19. Jahrhundert Sprachatlanten.
Das Fränkische
Das „Fränkische“ ist der größte deutsche Sprachraum. Er reicht vom nördlichen Baden-Württemberg bis an die niederländische Grenze.
Die angesprochene Mundart-Initiative konzentriert sich in einem kleinen Ausschnitt: auf die süd-rheinfränkischen Dialekte. Diese, so erklärt Pfaus, unterliegen starken kurpfälzischen Einflüssen und werden umgangssprachlich, zusammen mit dem Kurpfälzischen, auch als „Nordbadisch“ bezeichnet.
Unsere Heimatsprache ist das „Odenwäldische“.
Das ist ein besonderer südrheinfränkischer Dialekt und wird auch „badisch-fränkisch“ bezeichnet. Er wird im Osten des Odenwaldes und im Bauland gesprochen. Auch in Bayern/Unterfranken wird odenwäldisch bis Amorbach und südlich Miltenberg gesprochen.
Im Westen des badischen Odenwaldes spricht man kurpfälzisch, und im hessischen Odenwald das südhessische
Odenwälderisch.
Ab Adelsheim, über das Heilbronner Land, den Kraichgau bis Karlsruhe und Baden-Baden sind die Varianten des
Südfränkischen kennzeichnend. - In Heilbronn wird - beispielhaft genannt - nicht schwäbisch sondern fränkisch gesprochen!
Östlich von uns kommt die Taubertäler Färbung des Fränkischen, danach das Mainfränkische und das Ostfränkische, das bis Thüringen reicht.
Nur noch die Alten?
Allen vom Aussterben bedrohten Sprachen ist gemeinsam, dass sich die bis zu den 1950ern Geborenen untereinander noch in der „Muddersproch“ unterhalten. Ihre Kinder verstehen sie und übernehmen im unmittelbaren Kontakt zu den „Alten“ noch die von der Mundart geprägten Begrifflichkeiten und Redewendungen. Sie sind meist in der landwirtschaftlichen Arbeits- und Kulturwelt entstanden.
Die Enkel haben bereits Verständnisschwierigkeiten und sprechen den Dialekt untereinander allenfalls noch rudimentär. Man kann sie an Hand ihrer Alltagssprache nicht mehr eindeutig nach ihrer gemeindlichen Herkunft unterscheiden, wie das bei den „Alten“ fast gemarkungsscharf möglich ist. Die Jungen haben ihre „SMS-Sprache“ mit gerade noch ansatzweise dialektgefärbten Anglizismen. - Vom "Regiolekt" ist die Rede.
Sprache spiegelt die soziokulturellen
Hintergründe der Sprechenden.
Und wenn eine Sprache ausstirbt, spiegelt dies die gesellschaftlichen Veränderungen. Die sich abzeichnende Einheitssprache spiegelt die Einheitsgesellschaft. - Eine Wertung ist nicht einfach.
Das Bezirksmuseum Buchen (Odw.) hat die 2009 von Manfred Pfaus begonnene Dialektinitive in ihr Programm aufgenommen:
Manfred Pfaus (Hettingen), Initiator des seit rund 4 Jahren in Buchen bestehenden Dialektprojekts „SprachRaum“, hat dieses Vorhaben beim Kreis-Seniorennachmittag am Dienstag (24.9.) in der Stadthalle Buchen vorgestellt.
Nach einer Übersicht über die deutschen und baden-württembergischen Mundarten stellte er auch die Dialektvielfalt im Neckar-Odenwald-Kreis dar.
In einer online-Präsentation zeigte der ehemalige Landtagsabgeordnete den Projektstand des „virtuellen SprachRaums“ in www.sprachraum.de. Dort werden Texte sichtbar und hörbar gemacht, die zwischen Odenwald und Taubergrund in den unterschiedlichen Dialekten gesprochen werden.
Er zeigte weiter auf, wie unter der Schirmherrschaft des Bezirksmuseums Buchen im Trunzerhaus in Buchen das „Sprachmuseum im Odenwald“ errichtet wird, ein „realer SprachRaum“. Anhand von Beispielen wird dort der große fränkische Sprachraum erlebbar gemacht. Ein „offenes Konzept“, wie Pfaus betonte.
Wer interessiert ist, an diesem Projekt mitzumachen, sei es als Sprecher oder als Singgruppe oder sei es als Technikbegleiter, wurde an diesem Nachmittag herzlich eingeladen.
Zum FN-Projekt
http://www.fnweb.de/suche?q=Dialekt&x=8&y=9
http://www.fnweb.de/nachrichten/mundart-abend-von-fn-und-vhs-in-buchen-1.126417
http://www.fnweb.de/region/neckar-odenwald/buchen/unner-n-dialekt-un-der-vun-de-annere-1.768699
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